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„Staatlich geförderte Altersvorsorge adressiert ja primär Menschen, die ihren Lebensstandard im Alter noch nicht abgesichert haben.“ Interview mit Professor Dr. Jochen Ruß

Eine von der Bundesregierung beauftragte unabhängige Expertenkommission hat vor wenigen Wochen ihre Empfehlungen zur Reform der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge (Riesterrente) vorgelegt. Zum Erstaunen vieler fand der „Abschlussbericht der Fokusgruppe private Altersvorsorge“ überwiegend Zustimmung. Warum das so ist und wo es noch Verbesserungsbedarf gibt, erklärt Professor Dr. Jochen Ruß, geschäftsführender Gesellschafter des Instituts für Finanz- und Aktuarwissenschaften (ifa), im folgenden Interview.

 

„Staatlich geförderte Altersvorsorge adressiert ja primär Menschen, die ihren Lebensstandard im Alter noch nicht abgesichert haben.“

Herr Prof. Ruß, ich würde Sie gerne etwas zum Abschlussbericht der „Fokusgruppe private Altersvorsorge“ fragen: Ist das jetzt ein großer Wurf oder eine Mogelpackung, weil die betriebliche Altersversorgung (bAV) da ja nicht drin ist?

Prof. Dr. Jochen Ruß: Also, ich glaube, es ist irgendetwas dazwischen. Erstmal geht es hier primär um die geförderte Altersvorsorge, also die Nachfolge der Riesterrente. Die bAV wird von der Politik separat im „Fachdialog bAV“ adressiert. Was die Nachfolge von Riester anbelangt, sehen wir im Abschlussbericht Licht und Schatten.

 

Sie haben sich in einer eigenen Analyse damit beschäftigt und drei Aspekte des Berichtes besonders herausgesucht. Das eine war die „Fördersystematik", das andere der „Sparprozess", und dann geht es um die „Auszahlphase". Warum besonders diese drei?

Prof. Dr. Jochen Ruß: Ich glaube, dass das die drei maßgeblichsten Aspekte sind, wenn wir uns fragen, was ein staatlich gefördertes Produkt für die Kunden macht. Da sind doch die naheliegenden Fragen: Wie kann ich sparen, wie kann ich später entsparen, und was bekomme ich vom Staat als Förderung?

Fangen wir mit den positiven Aspekten an: Die Fördersystematik soll relativ ähnlich zur bisherigen Riester-Fördersystematik bleiben. Das finde ich gut, weil die Riester-Fördersystematik die einzige staatliche Förderung war, die dazu führt, dass die Schere zwischen arm und reich kleiner wird.

Denn die in anderen Segmenten vorzufindende rein steuerliche Förderung führt dazu, dass reichere Leute, die hohe Steuersätze haben, auch stärker gefördert werden, sodass die Schere durch diese Förderung eher weiter aufgeht.

Die geplante zukünftige Förderung bei der Nachfolge des Riesterprodukts macht das mit dem „Schere zumachen" übrigens nicht mehr ganz so gut wie es beim „Originalriester“ war. Dafür wird es deutlich einfacher, so dass man unterm Strich sagen kann: Fördersystematik ist okay!

Was man ebenfalls überwiegend positiv bewerten kann, ist, dass wir mehr Flexibilität im Sparprozess bekommen sollen. Insbesondere die hundertprozentige Beitragsgarantie, die ja durchaus eine starke Renditebremse war, ist jetzt weggefallen, so dass man die Flexibilität bekommt, mit niedrigeren Garantien oder sogar ganz ohne Garantien chancenreicher fürs Alter staatlich gefördert zu sparen.

 

... ich glaube, in der Diskussion sind 80 Prozent als unterster Garantiewert. Ist das richtig?

Prof. Dr. Jochen Ruß: Im Fokusgruppenbericht steht nur, dass geringere Garantien möglich sein sollen. Der Leiter der Fokusgruppe, der parlamentarische Staatssekretär Dr. Florian Toncar, hat auf einer Veranstaltung, die ich moderiert habe, gesagt, dass es „zwei oder wenige“ Garantie-Niveaus geben wird, von denen eines 100 Prozent sein wird. Man wird also nicht komplett frei wählen können (der eine nimmt 70, der andere 80, 90, 60 oder 50 Prozent Garantie). Stattdessen wird es wenige Niveaus geben aus denen man auswählen kann. Vielleicht wird es 100 und 80 (Prozent) sein, vielleicht aber auch 100, 90 und 70. Mehr weiß man schlichtweg noch nicht. So wie übrigens grundsätzlich der Fokusbericht an vielen Stellen recht vage ist und man noch nicht so richtig weiß, was irgendwann in einem Gesetzentwurf stehen wird.

 

Jetzt kommen wir zum dritten Teil: Das ist die Auszahlphase. Und ich habe den Eindruck, das ist ein Knackpunkt in der ganzen Geschichte. Im Großen und Ganzen geht es darum: Irgendwann ist das Geld alle im Alter – aber es ist noch Leben da. Wie kann man das umgehen? Wie kann man am besten einen guten Auszahlplan finden, der die Leute wirklich ein Leben lang begleitet und doch noch Rendite abwirft?

Prof. Dr. Jochen Ruß: Der Fokusgruppenbericht sagt, dass es gewisse (aber wenige) Ausnahmeregelungen gibt, wo ich mir das Geld auf einen Schlag auszahlen lassen kann, wenn ich zum Beispiel mit dem Geld eine Immobilie tilgen will. Das finde ich sinnvoll.

Der Bericht sagt auch: In allen Fällen, wo so eine Ausnahme nicht vorliegt, muss man sich das Geld sozusagen „in monatlichen Häppchen“ auszahlen lassen. Auch das finde ich gut. Ich finde es aber extrem problematisch, dass man dann sagt, es muss nicht zwingend eine lebenslange Rente sein, sondern ein Auszahlplan, der zum Beispiel bis zum Alter 85 geht, ist ja auch „fast lebenslang" oder ist „für fast alle Leute genauso gut wie eine lebenslange Rente". Das ist insofern einfach schwierig, weil das Risiko, älter als 85 zu werden, von den meisten Menschen unterschätzt wird

Ich habe da ein paar Zahlen ausgerechnet: Die Wahrscheinlichkeit, dass eine heute 67-jährige Person älter wird als 85, ist für Männer etwas höher als 50 Prozent und für Frauen rund zwei Drittel, rund 66 Prozent. Das heißt also, wenn man bis zum Alter 85 plant, wird das für etwas mehr als die Hälfte der Männer und für rund zwei Drittel der Frauen schiefgehen: Am Ende des Geldes sind schlicht noch Lebensjahre übrig. Und das ist insofern ganz problematisch, weil die staatlich geförderte Altersvorsorge ja primär nicht diejenigen Menschen adressiert, die ihren Lebensstandard im Alter bereits abgesichert haben und jetzt für den kleinen Luxus obendrauf sparen. Sondern mit der staatlich geförderten Altersvorsorge will man doch den Menschen helfen, den Lebensstandard zu finanzieren. Und den braucht man nun mal lebenslang

Wenn man im hohen Alter von 85 Jahren plötzlich seinen Lebensstandard einschränken muss, weil so ein Auszahlplan zu Ende geht, aber das Leben noch nicht, wird das Senioren bestimmt massiv belasten

Daher mein Appell: Wenn man das schon so in ein Gesetz gießt, sollte man wenigstens versuchen, die Risiken transparent zu erläutern, sodass die Menschen zumindest wissen, auf welches Risiko sie sich einlassen.

 

Wie könnte man eine Auszahlphase besser machen?

Prof. Dr. Jochen Ruß: Ich sage immer den plumpen Satz: „Wer lebenslange Ausgaben hat, braucht ein lebenslanges Einkommen." Dann landen wir automatisch bei einer Rentenversicherung, die jeden Monat bis zum Tod bezahlt.

Übliche Rentenversicherungen haben aber natürlich das Problem, dass sie in der Auszahlphase nicht besonders renditestark sind. Das liegt auch an gesetzlichen Restriktionen. Beim bisherigen Riester war vorgeschrieben, dass der Euro-Zahlbetrag der Rente nur gleichbleiben oder steigen kann – also nicht schwanken darf. Das bedingt dann ein relativ enges (und chancenarmes) Investment-Korsett.

Mein Plädoyer wäre daher, explizit Produkte zuzulassen, bei denen ein Versicherer dafür sorgt, dass die Rente bis zum Tod bezahlt wird, bei dem die dahinterliegende Geldanlage aber auch chancenreichere Produkte der Fondsindustrie nutzt. Das führt dazu, dass die Höhe der Rentenzahlung auch mal ein Bisschen schwanken kann. Dann ergibt sich eine höhere Anfangsrente, eine höhere erwartete Rentensteigerung, also auch ein besserer Inflationsschutz, und trotzdem immer noch ein lebenslanges Einkommen.

 

Was meinen Sie denn mit „schwanken" – also von Monat zu Monat schwanken oder in verschiedenen Phasen des Renten-Daseins?

Prof. Dr. Jochen Ruß:Ich meine tatsächlich von Monat zu Monat (oder auch von Jahr zu Jahr). Es gäbe immer noch eine garantierte Rente in Euro, aber oberhalb von der ist auch ein gewisses Wackeln möglich abhängig davon, ob die Fonds besonders gut oder nicht so gut gelaufen sind. Wenn man das zulässt, ist Platz für deutlich chancenreichere Anlagen.

Und das Beste daran: Dann muss ich mich nicht mehr entscheiden, gehe ich zu einer Fondsgesellschaft und mache einen Fondsauszahlplan oder zu einer Versicherung und mache eine Rente? Stattdessen bekomme ich eine Versicherung, in der auch Fonds drinstecken. Das ist gut für die Versicherungsbranche, gut für die Fondsbranche und – das ist das Wichtigste – gut für die Kunden, weil sie eine höhere Rente haben mit besserem Inflationsschutz, die aber nicht irgendwann aufhört, sondern garantiert bis zum Tod bezahlt wird. Und nochmal: Diese Produkte waren bisher bei Riester verboten. Das sollte man ändern.

 

Wie sind Ihre Hoffnungen, dass so etwas in der weiteren Diskussion – denn das ist jetzt erst einmal nur ein Vorschlag – Niederschlag finden wird?

Prof. Dr. Jochen Ruß:Es ist ganz schwer zu sagen, was auf dem Weg von diesem – an vielen Stellen, wie bereits gesagt, eher vagen – Abschlussbericht der Fokusgruppe bis zum Gesetzesentwurf, passiert.

Die Hoffnung, dass im Gesetzgebungsprozess dieses ganz spezifische Detail (also der sogenannte fondsgebundene Rentenbezug) die angemessene Aufmerksamkeit findet, ist eher gering. Aber ich tue, was ich kann, um für dieses Thema Aufmerksamkeit zu schaffen.

 

Da wünsche ich Ihnen viel Glück! Letzte Frage: Stimmt es wirklich, dass Kunden von Lebensversicherungen länger leben als der Durchschnittsbürger?

Prof. Dr. Jochen Ruß: Das stimmt! Aber es ist natürlich nicht so, dass der Abschluss einer Lebensversicherung eine magische Kraft hat, die das Leben verlängert, sondern es ist eigentlich genau umgekehrt: Menschen, die sich eher krank fühlen, werden eher keine lebenslange Rente abschließen. Eher diejenigen Menschen, die sich ziemlich gesund fühlen, verrenten ihr Geld. Das führt dazu, dass die Leute, die eine lebenslange Rente gekauft haben, im Schnitt tatsächlich mehrere Jahre länger leben als ein Durchschnittsmensch.

 

Professor Dr. Jochen Ruß

geschäftsführender Gesellschafter des Instituts für Finanz- und Aktuarwissenschaften (ifa)

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